12. April 2019

Warum sich Online-Casinos in Deutschland nicht auf Dienstleistungsfreiheit berufen können

Das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist in Deutschland verboten (vgl. § 4 Abs. 4 GlüStV). Dennoch findet sich im Internet eine enorme Vielzahl von Online-Casinoangeboten, die aus dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland heraus erreichbar sind und sich gezielt an die deutschen Verbraucher richten (Internetseite auf deutscher Sprache, Domainendung „.de“ usw.).

Die Anbieter geben an, lizenziert bzw. legal zu sein. Dabei verfügen diese Online-Casinos in der Regel über eine Lizenz zum Betrieb eines Online-Casinos aus den Mitgliedstaaten Malta oder Gibraltar. Aufgrund der in der Europäischen Union geltenden Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) meinen die Betreiber, ihr Online-Casino auch in Deutschland anbieten zu können bzw. das in Deutschland geltende Glücksspielrecht verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit in der EU.

Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit

Dieser Rechtsauffassung hat das Bundesverwaltungsgericht, unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs, eine klare Absage erteilt.

Die Leitsätze der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lauten wie folgt:

„1. Das Verbot, Poker- und Casino spiele im Internet zu veranstalten und zu vermitteln, ist mit Unions- und Verfassungsrecht weiterhin vereinbar.

2. Es ist mit Unions- und Verfassungsrecht vereinbar, dem Anbieter von Online-Sportwetten im glücksspielrechtlichen Untersagungsverfahren das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegenzuhalten.“ (BVerwG Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18.16, Hervorhebung durch Kanzlei)

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nimmt Bezug auf eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die die Online-Casinoanbieter immer wieder für sich ins Feld führen wollen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil jedoch klargestellt, dass der Schutz wichtiger Allgemeinwohlinteressen der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV vorgeht.

„b) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 kann der Klägerin entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.“ (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 14.16, Hervorhebung durch Kanzlei)

Das Bundesverwaltungsgericht hat damit unmissverständlich klargestellt, dass es den Online-Casinoanbietern verboten ist, ihre Online-Casinos auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Casinoanbieter eine Lizenz für einen anderen Mitgliedstaat der EU besitzen und ihr Online-Casino dort legal anbieten dürfen.

Sportwetten können nicht als Hintertür genutzt werden

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn ein Online-Casinoanbieter ebenfalls Sportwetten anbietet. Diese Online-Sportwetten können auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geduldet werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn keine weitere Prüfung erforderlich und somit offensichtlich ist, dass dem jeweiligen Anbieter eine Lizenz erteilt werden müsste:

„Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter – wie hier – weder einen Erlaubnisantrag gestellt, noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre.“ (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16)

Tatsächlich steht bei den uns bekannten Online-Sportwettenanbietern bereits auf den ersten Blick – also ohne jede weitere Prüfung – fest, dass eine Erlaubnis nicht erteilt werden kann. Eine Erlaubnis zum Veranstalten von Online-Sportwetten kann nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 GlüStV vorliegen. Dazu gehört auch, dass Wetten und Lotterien weder über dieselbe Internetdomain angeboten werden, noch auf andere Glücksspiele (Online-Casinos) verweisen oder verlinken dürfen.

Uns ist kein Online-Sportwettenanbieter bekannt, der nicht zumindest auf das eigene Online-Casino verweist und den entsprechenden Link auf der Sportwettenseite führt.

Für den Verbraucher bedeutet das, dass er auch weiterhin seine gezahlten Einsätze mit unserer Hilfe zurückfordern kann. Wenn Sie Zahlungen an illegale Online-Casinos vorgenommen haben, vereinbaren Sie einfach einen Termin für eine kostenlose Erstberatung bei uns. Wir helfen Ihnen dabei, Ihre Einsätze zurückzuholen.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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