25. März 2019

Widerruf: finanziertes Auto ohne Zahlung einer Nutzungsentschädigung zurückgeben

Der Widerruf des Autokredits ist eine Option für Geschädigte des Abgasskandals mit einem deutlich höheren finanziellen Vorteil. Der Käufer gibt den Wagen zurück und ihm werden fast alle Zahlungen zurückerstattet. Bisher galt es, zumindest eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Doch eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Berlin sieht nicht nur die Rückabwicklung des Vertrags vor, sondern darüber hinaus auch den Wegfall der Nutzungsentschädigung.

Der Fall

Ein Kunde hatte im Februar 2016 für 26.800 € eine fast neuwertige B-Klasse von Mercedes gekauft. Vom Kaufpreis hatte er 22.400 € über die Mercedes-Benz-Bank finanziert. Die Bank jedoch hatte ihn im Vertrag nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert. So konnte er seinen Vertrag Jahre später noch widerrufen, das Auto zurückgeben und sein Geld zurückverlangen. Über die Bedingungen für die Rückgabe stritten sich Bank und Besitzer vor dem Berliner Landgericht. Das Gericht befand, dass der Besitzer nichts zahlen müsse, noch nicht einmal einen Nutzungsersatz, obwohl er das Auto über drei Jahre und 69.400 km gefahren hatte. Jeder Mangel in den Widerrufsinformationen lasse die Pflicht zum Wertersatz entfallen, so das LG Berlin - Az.: 4 O 20/18.

Getrenntes Verfahren vor dem LG Stuttgart

Das Landgericht Berlin entschied lediglich über die Frage des Widerrufs und einer etwaigen Nutzungsentschädigung. Die Rückgabe des Fahrzeugs, die Rückzahlung der bereits gezahlten Raten und der Anzahlung sowie die Feststellung des Annahmeverzugs und die Herausgabe von Sicherheiten werden in einem gesonderten Verfahren vom LG Stuttgart entschieden. Allerdings wird sich das Urteil des LG Berlin maßgeblich auf die anstehende Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts auswirken.

Fehler in den Pflichtangaben des Vertrags mit weitreichenden Folgen

Das Berliner Landgericht stellte fest, dass ein Widerrufsrecht des Käufers bestehe: Da die Pflichtangaben in den Widerrufsinformationen des Vertrags der Mercedes Bank unvollständig waren, sei der Widerruf auch noch anderthalb Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrags möglich. Laut § 356b Abs. 2 und 3 BGB beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist erst, wenn Pflichtangaben vollständig erteilt wurden. So hat der Kunde die Möglichkeit, das gesamte Geschäft durch den Widerruf rückabzuwickeln.

Die Mercedes Bank hatte für den Fall, dass die Richter von einem erfolgreichen Widerruf ausgehen, eine Hilfswiderklage erhoben, um in dem Fall zumindest eine Nutzungsentschädigung vom Kunden zu bekommen. Die Nutzungsentschädigung dient dem Ausgleich eines Wertverlusts und wird anhand der gefahrenen Kilometerzahl errechnet. Doch laut dem LG Berlin hänge die Wertersatzpflicht des Verbrauchers maßgeblich davon ab, ob er korrekt über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Eine fehlerhafte Belehrung entspreche hier einer nicht erfolgten Belehrung. Dabei käme es auch nicht auf die Schwere des Belehrungsfehlers an, sondern lediglich auf die Frage, ob der Fehler objektiv geeignet sei, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Folglich kam das Landgericht Berlin zu dem Schluss, dass dem Darlehensnehmer der vollständige Kaufpreis zu erstatten wäre.

Es ist durchaus denkbar, dass sich auch andere Gerichte eingehender mit der Nutzungsentschädigung beim Autokreditwiderruf beschäftigen werden. Dies wäre insbesondere für Betroffene des Abgasskandals eine gute Nachricht, denn die Nutzungsentschädigung ist bei einer längeren Nutzung des Fahrzeugs durchaus nicht zu unterschätzen.

Fehlerhafte Widerrufsinformationen keine Seltenheit

Fehlerhafte Pflichtangaben kommen tatsächlich häufiger vor, als man denkt. Viele  Verträge der Banken weisen gravierende Fehler auf, die dafür sorgen, dass Verbraucher nicht ausreichend über ihre Rechte informiert werden. Dann ist ein Widerruf des Vertrags möglich, der die vollständige Rückabwicklung von Kredit- und Kaufverträgen nach sich zieht. Das heißt, der Verbraucher erhält seine Anzahlung sowie die gezahlten Raten gegen Rückgabe des Wagens zurück.

Immer mehr Urteile gegen Nutzungsentschädigung

Das Urteil gegen die Mercedes Bank ist tatsächlich nicht das erste dieser Art. Bereits im August 2018 gab es ein vergleichbares Urteil seitens des Landgerichts Hamburg – Az.: 330 O 145/18. Auch andere Gerichte haben sich bereits der Auffassung angeschlossen, dass eine Nutzungsentschädigung bei jüngeren Kreditverträgen (nach dem 13.06.2014) nicht vorgesehen ist - ein Trend, der Verbrauchern eine verbesserte Verhandlungsposition verschafft.

Nicht nur für Autobesitzer, die vom Diesel-Abgasskandal betroffen sind, ist der Widerruf eine reizvolle Option. Wenn auch Sie Ihr Auto finanziert haben, sollten Sie Ihren Vertrag auf Fehler in den Widerrufsinformationen prüfen lassen. Wir verfügen über weitreichende Erfahrung in der Prüfung von Verträgen und erkennen schnell, ob der Widerruf in Ihrem Fall möglich ist. Vereinbaren Sie dazu einfach einen Termin für eine kostenlose Erstberatung.

Dominik Fammler
Dominik Fammler

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Dominik Fammler ist auch Fachanwalt für Verkehrsrecht.

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