Widerspruch gegen Pflegegutachten: hohe Erfolgschancen
Der Pflegegrad bestimmt, welche Leistungen Versicherte von der Pflegekasse erhalten. Um herauszufinden, welcher Pflegegrad der betreffenden Person zusteht, wird für gewöhnlich der Medizinische Dienst beauftragt, um ein Gutachten zu erstellen. Die Begutachtung erfolgt entweder vor Ort beim Pflegebedürftigen oder zunehmend auch per Telefon. Basierend auf diesem Gutachten entscheidet die Pflegekasse dann, welchen Pflegegrad der Versicherte bekommt.
Zwar müssen die Pflegekassen nicht zwingend dem Gutachten folgen, aber in der Regel wird von der Einschätzung des Medizinischen Dienstes nur bei offensichtlichen Fehlern abgewichen. In den meisten Fällen folgen die Pflegekassen also der Empfehlung des Medizinischen Dienstes.
Doch zunehmend kommt es bei der Pflegebegutachtung zu Fehleinschätzungen. Wichtige Fragen werden nicht angemessen geklärt, Gutachter nehmen sich zu wenig Zeit für die Versicherten und die Situation der Pflegebedürftigen zu Hause wird nicht richtig eingeschätzt. Die Folge: Der Pflegebedarf wird nicht korrekt eingestuft, die Pflegebedürftigen erhalten zu wenig Geld und damit auch nicht die Unterstützung, die sie eigentlich benötigen.
2022: Widerspruch in 185.000 Fällen
Medienberichten zufolge wurden 2022 insgesamt 2,5 Millionen Pflegegutachten durch den Medizinischen Dienst erstellt. In über 185.000 Fällen wurde Widerspruch gegen die Einschätzung eingelegt. Fast 55.000 Mal musste der Pflegegrad „bei gleicher Sachlage korrigiert“ werden, also bei knapp 30 Prozent aller Widerspruchsgutachten. 2021 lag die Quote bei 29,6 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 bei 28,2 Prozent.
Die Medizinischen Dienste stehen durch die demografische Entwicklung unter Druck. Nicht nur herrscht seit einigen Jahren ein erheblicher Fachkräftemangel, seit 2019 ist außerdem die Zahl der Pflegebegutachtungen von 2,1 auf 2,5 Millionen gestiegen. Es müssen also immer mehr Gutachten mit dem gleichen Personal bewältigt werden.
Problematisch: vermehrt Telefongutachten
Daher wird versucht, durch andere Gutachtenformen wie Video- oder Telefongutachten Zeit und Ressourcen zu sparen. 2022 wurden daher 835.000 Gutachten in Form eines sogenannten strukturierten Telefoninterviews durchgeführt – also jedes dritte Gutachten.
Doch kommt es im Zusammenhang mit der Telefonbegutachtung immer häufiger zu Beschwerden und Widersprüchen. So können sich Gutachter nur auf die Informationen aus dem Fragebogen und dem Telefoninterview stützen, wodurch es häufiger zu Fehleinschätzungen kommen kann, insbesondere bei Menschen mit geistigen Einschränkungen oder komplexen Pflegesituationen. Außerdem kann es in vielen Fällen schwierig sein, die tatsächlichen Einschränkungen und Behinderungen des Pflegebedürftigen zu erkennen, sodass der Gutachter den Pflegebedarf nicht korrekt einschätzt.
Betroffene sollten unbedingt Widerspruch einlegen
Wer mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden ist, hat ab Zugang des Bescheides einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen. Die Pflegekasse überprüft dann im Widerspruchsverfahren erneut ihre Entscheidung. In der Regel wird hierzu ein Zweitgutachten erstellt. Dieses kann entweder nach Aktenlage erfolgen oder durch einen erneuten Besuch beim Pflegebedürftigen.
Bringt der Widerspruch nicht das gewünschte Ergebnis, können Betroffene immer noch vor das Sozialgericht ziehen. Wichtig zu wissen: Wenn das Verfahren zugunsten des Pflegebedürftigen ausgeht, muss die Pflegekasse auch dessen Anwaltskosten übernehmen. Ein Anwalt kann außerdem im Vorfeld prüfen, ob das zuständige Gericht dem Betroffenen Prozesskostenhilfe gewährt.
Leider legen viele Pflegebedürftige keinen Widerspruch ein, weil sie sich in ihrer ohnehin schwierigen Situation nicht auch noch mit dem Widerspruchsverfahren auseinandersetzen möchten. Dabei ist die Erfolgsquote bei Widersprüchen durchaus hoch. Gerne stehen wir Ihnen in der Anwaltskanzlei Lenné in diesem Prozess von Anfang zur Seite. So müssen Sie sich um nichts kümmern und haben größere Aussichten auf Erfolg. Lassen Sie sich unverbindlich in einem kostenlosen Erstgespräch von uns beraten.
Wenn Sie zunächst selbst fristwahrend Widerspruch einlegen möchten, dann nutzen Sie unseren kostenlosen Musterbrief zum Download.
Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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