22. Juni 2018

Modernisierung des Wohnungseigentums: Miteigentümer können keinen verbesserten Trittschallschutz verlangen

Wird eine Wohnung modernisiert, können die Miteigentümer nicht den neuesten Lärmschutz verlangen, da es sich hierbei um Modernisierungsmaßnahmen des Sondereigentums und nicht des Gemeinschaftseigentums handelt.

Das Fallbeispiel

Ein Wohnungseigentümer ließ bei einer Modernisierung seines Badezimmers den Estrich vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen. Außerdem erneuerte er den Fliesenbelag sowie sämtliche Sanitärobjekte.

Nach Auffassung einer anderen Wohnungseigentümerin verschlechterte sich durch die Baumaßnahme der Trittschallschutz. Ihrer Wahrnehmung nach höre sie nun von der über ihr liegenden Wohnung mehr Wasser- und Fließgeräusche als vor dem Umbau. Sie forderte vor Gericht die Wiederherstellung eines Schallschutzniveaus, das dem technischen Stand zum Zeitpunkt der Sanierung entsprach.

Ein vom Landgericht bestellter Sachverständiger bestätigte, dass der Trittschallpegel nach der Badsanierung höher war als der bei Errichtung des Gebäudes zulässige Trittschallpegel. Das Landgericht gab der Klägerin insoweit Recht, dass sie die Wiederherstellung des bei der Errichtung des Gebäudes zulässigen Trittschallpegels verlangen könne.

Die Eigentümer der oberen Wohnung akzeptierten das Urteil. Die Eigentümerin der unteren Wohnung hingegen forderte, dass der Schallschutz sich nach den zum Zeitpunkt der Sanierung geltenden Grenzwerten zu richten habe, und legte Revision ein.

BGH-Urteil: Bei Eingriffen in Gemeinschaftseigentum richten sich die Anforderungen an den Schallschutz nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass sich der Schallschutz, den Wohnungseigentümer sich untereinander zu gewähren haben, bei Baumaßnahmen am Sondereigentum grundsätzlich nach den Anforderungen der DIN-Vorschriften zu richten hat, die zur Zeit der Gebäudeerrichtung galten. Um solche Maßnahmen handelt es sich beispielsweise, wenn in der Eigentumswohnung ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird (etwa Parkett statt Teppichboden). In diesem Fall werden Änderungen am Sonder- und nicht am Gemeinschaftseigentum durchgeführt. 

Miteigentümer können somit kein verbessertes Schallschutzniveau verlangen, wenn die Sanierungsmaßnahmen der üblichen Instandsetzung oder Modernisierung des Sondereigentums dienen. Hierbei sind unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich.

Bislang war jedoch offen geblieben, ob dieselben Maßstäbe gelten, wenn bei der Erneuerung des Bodenbelags auch (wie im vorliegenden Fall) in den Estrich oder in die Geschossdecke eingegriffen wird. Nun hat der BGH in seinem Urteil vom 16.03.2018 - Az.: V ZR 276/16 - entschieden, dass ein Schallschutz auf aktuellem Niveau nur verlangt werden kann, wenn „in erheblichem Umfang“ in die Gebäudesubstanz eingegriffen wird.

Das trifft beispielsweise auf einen nachträglichen Dachgeschossausbau zu. Denn dann wird in erheblichen Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen und die anderen Wohnungseigentümer dürfen erwarten, dass beim Umbau des Sonder- und Gemeinschaftseigentums insgesamt die aktuellen technischen Vorgaben und damit auch die derzeit geltenden Schallschutzwerte beachtet werden.

Bei Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen des Sondereigentums kein Anspruch auf besseres Schallschutzniveau

Laut BGH ergibt sich allein aus dem Umstand, dass bei Renovierungsarbeiten in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen wird, kein überzeugender Grund dafür, dass die zum Zeitpunkt der Maßnahme anerkannten Schallschutzwerte eingehalten werden sollen. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornehme, sei im Grundsatz zwar zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zu einer „Ertüchtigung“ verpflichtet.

Somit kann bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung bzw. Modernisierung des Sondereigentums dienen, grundsätzlich kein verbessertes Schallschutzniveau verlangt werden. Laut BGH handle es sich auch dann um eine solche typische Sanierungsmaßnahme, wenn – wie hier - bei der Sanierung eines vorhandenen Badezimmers in den Estrich eingegriffen wird. Die Revision der Klägerin wurde abgewiesen.

Wenn Sie als Wohnungseigentümer beabsichtigen, Ihre Wohnung zu renovieren oder zu sanieren, oder wenn Sie mit einer Umbaumaßnahme des Nachbarn konfrontiert sind, bestimmen sich Ihre Rechte und Pflichten nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG).

Der oben beschriebene Fall zeigt, dass es ratsam ist, geplante Umbaumaßnahmen im Vorfeld von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Bei Fragen zu diesem komplexen Thema stehen wir Ihnen gerne in einem kostenlosen Erstberatungsgespräch zur Verfügung.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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